Budo, Bujutsu und Sport sind allesamt Begriffe, die gewöhnlich im Zusammenhang mit japanischen Kampfkünsten benutzt werden. Judo und Karate sind sehr gut bekannt innerhalb der internationalen Sportgemeinschaft. Hieraus resultiert, dass viele Menschen denken, dass Budo nicht mehr ist als ein Freizeitsport. Obwohl viele Gemeinsamkeiten vorhanden sind, gibt es einige wichtige Unterschiede zwischen Budo und Sport.
Sport ist in erster Linie als entspannendes Spiel in der Freizeit erdacht und basiert auf den Grundsätzen des fairen Gewinnens und Verlierens. Professioneller Sport und Amateur-Sport gleichermaßen werden aus Freude am Spiel selbst betrieben, sei es für die Zuschauer oder die Spieler selbst. Durch Wettkämpfe werden die Gewinner ermittelt, Champions etabliert oder führende Mannschaften ausgewählt. Die führende Position dauert dann bis zum nächsten Spiel, Wettkampf oder bis zur nächsten Saison an. Somit kann gesagt werden, dass der Sport nur für kurze Zeit Vergnügen bereitet, nämlich während des Spiels selbst oder bis eine Mannschaft verliert und durch eine andere an der Spitze ersetzt wird.
Sicher teilen die Kampfkünste viele dieser Eigenschaften. Wettkämpfe sind normaler Bestandteil im Judo, Kendo und im Karate. Meisterschaften sind wichtige Ziele für viele Beteiligte. Wie auch immer, Kampfkünste unterscheiden sich absichtlich in einem wichtigen Punkt vom Sport.
Seit vergangenen Zeiten war das Beherrschen von Bujutsu - Kampfsysteme, entwickelt zum Training der Soldaten im bewaffneten und unbewaffneten Kampf - entscheidend auf dem Schlachtfeld. Während der Ausübung suchte ein jeder nach der Perfektion seiner Technik, um einen Angreifer zu unterwerfen. In jedem Training mussten sich die Ausübenden Leben und Tod vor Augen führen. Heutzutage allerdings besteht die Notwendigkeit einer Trainingsgestaltung, die mit Sicherheit gewährleistet, dass die Übenden sich einander nicht töten oder verletzen. Gewinnen oder Verlieren kann aber letztlich nur am Überleben bemessen werden. Dies ist die Tradition, auf welcher sich die japanischen Kampfkünste begründen.
Dieser grundlegende Unterschied zwischen Budo und Sport muss verstanden werden. Ohne ein solches Verständnis ist ein Fortschritt zu einer höheren Ebene nicht möglich.
Ein derartiges Verständnis ist Ergebnis eines lebenslangen Trainings und zeigt uns einen weiteren grundlegenden Unterschied zwischen Budo und Sport. In erster Linie entwickeln sich physische Vorteile durch die sportliche Aktivität selbst und bleiben auch nur für die Dauer der Aktivität erhalten. Dass die Prinzipien des Budo Anwendung auf das tägliche Leben finden, wird auf dem Niveau der rein physischen Technik alleine nicht erkannt. Das Studium der Kampfkünste muss ein Leben lang weiterverfolgt werden, um so ein tieferes Verständnis zu erlangen.
Im Judo, wenn jemand drückt, und die Reaktion darauf ist, zurück zu drücken, besteht ein Konflikt und der stärkere Gegner wird gewinnen. Wie auch immer, wird gedrückt und der Angegriffene zieht, ist es möglich, den Gegner zu werfen und so ein Ende dieses Konfliktes herbeizuführen. Weil derartige Prinzipien ebenfalls außerhalb des Aspektes der rein physischen Technik Anwendung finden, lässt sich begründen, weshalb Budo weit über das hinaus geht, was Sport darstellt, und weshalb es ein Leben lang vertieft werden muss um lebenslang davon zu profitieren.
Es ist die Freiheit eines jeden, der die traditionellen Kampfkünste studiert, über diese Prinzipien nachzudenken und sie zu vertiefen, um somit über die Form hinaus zu schauen und hierdurch die zugrunde liegende Substanz des Budo zu erkennen.
Essay des verstorbenen Kendo-Meijin Kose Takano Sensei (10. Dan). Dieser Artikel ist aus dem Buch "Nihon Jujutsu" von Prof. Shizuya Sato entnommen. Übersetzt aus dem Englischen von Oliver Witte mit freundlicher Genehmigung von Prof. Shizuya Sato.